Church of Euthanasia

The One Commandment:
"Thou shalt not procreate"

The Four Pillars:
suicide · abortion
cannibalism · sodomy

Human Population:
SAVE THE PLANET
KILL YOURSELF




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CHRIS KORDA: "Irgendwann werde ich mich wahrscheinlich umbringen"

Text von Diana Weis (Spex No. 381, ANTi – Hauptsache Dagegen, June 21, 2018)

Um die Jahrtausendwende war Chris Korda Techno-Popstar und Transgender-Aktivistin. Heute entwickelt sie Software für 3D-Drucker. Ihre nach wie vor leidenschaftlichste Rolle ist jedoch die des Reverend in der von Korda selbst gegründeten Church Of Euthanasia. Dort predigt sie antinatalistische Tugenden: Selbstmord und den Verzicht auf Fortpflanzung. Warum? Aus Liebe zur Zivilisation.

Chris Korda, Ihr Song "I Like To Watch" und das Video dazu haben Sie 2003 auf einen Schlag berühmt gemacht. Warum haben Sie danach keine Platte mehr veröffentlicht?

Ich kann das Stück nicht mehr toppen. Es gelang mir, mit einem einzigen Track praktisch den gesamten Planeten anzupissen. Danach erschien es mir schlauer, aus dem Rampenlicht zu verschwinden. Hinzu kam, dass ich keine Lust mehr hatte, ein Kleid anzuziehen und in irgendwelchen Nachtclubs herumzustehen.

Schade eigentlich.

Die Idee meines Labels International Deejay Gigolos war, Glamour zurück in den Techno zu bringen. Dafür war ich das perfekte Produkt. Aber ich fand es auch respektlos, auf diese eine Masche festgelegt zu werden. Außerdem muss ich meinen Lebensunterhalt verdienen, das war als elektronische Musikerin unmöglich. Für die ganzen Platten, die damals verkauft wurden, habe ich nie auch nur einen Cent gesehen.

War das Kleid, in dem Sie auftraten, nicht auch ein Symbol Ihrer Transidentität?

Ich habe meinen Beitrag geleistet. Ich stand als Transperson in der Öffentlichkeit. Heute ist das Thema Mainstream, daher interessiert es mich kaum noch. Es ist mir egal, ob Sie "sie", "er" oder "es" zu mir sagen. Veganismus und Antinatalismus erscheinen mir weitaus wichtiger.

Auf welche Projekte haben Sie sich nach Ihrem Rückzug aus dem Showbusiness konzentriert?

Ich habe zum Beispiel eine 3D-Drucker-Software für ungewöhnliche Keramikobjekte entwickelt, die ich im August auch in Berlin vorstellen werde. Alle meine Programme sind kostenlos. Leider sind sie so speziell, dass es dafür kaum einen Markt gibt. Aber darum geht es nicht. Ich möchte die Maschine einladen, am künstlerischen Gestaltungsprozess teilzuhaben. Mich interessiert nicht, was sie effektiver tun kann als der Mensch. Mich interessiert, was sie tun kann, der Mensch aber nicht.

Die Website Ihrer Church Of Euthanasia fungiert heute nur noch als Archiv.

Die Kirche ist relevanter denn je, aber wir sind vorsichtiger geworden. Das politische Klima in den USA hat sich verändert. Öffentliche Aktionen könnten wir nicht mehr machen. Stünde ich heute mit dem Schild "Eat a queer fetus for Jesus" auf einer Demo, würde ich von Neonazis verprügelt. Natürlich waren Slogans wie dieser reiner Dadaismus. Ich habe diese Mittel bewusst gewählt, um Aufmerksamkeit für das Anliegen der Church zu generieren. Denn die Message bleibt aktuell: Hört auf, euch fortzupflanzen! Es gibt schon viel zu viele von uns.

Konsequent zu Ende gedacht führt der Verzicht auf Fortpflanzung zur Auslöschung der Menschheit. Wäre die Erde dann ein besserer Ort?

Die Leute haben nie verstanden, dass mein Slogan "Save the planet, kill yourself!" als Witz gemeint war. Der Planet muss nicht gerettet werden, er besteht aus Gestein. Die Erde wird noch in Milliarden von Jahren existieren, und es wird vermutlich immer Leben auf ihr geben. Vielleicht Bakterien oder Echsen. Was gerettet werden muss, ist die Menschheit. Oder eher: die Zivilisation.

Eine Antihumanistin, die die Zivilisation verteidigt?

Ich würde mich heute als Post-Antihumanistin bezeichnen. Die Zivilisation hat großartige Dinge hervorgebracht: Philosophie, Literatur, Musik. Es wäre traurig, wenn nichts davon übrig bliebe.

Wie überzeugen Sie heute jemanden davon, der Church Of Euthanasia beizutreten?

Jeder sollte sich selbst fragen: Ist mir wirklich egal, wie es nach meinem Tod mit der Menschheit weitergeht? Wer diese Frage mit Ja beantwortet, ist bei den Republikanern besser aufgehoben. Die kennen kein Gemeinwohl. Ihnen geht es nur darum, sich in ihrer Lebensspanne zu bereichern. "Fuck the future!" sollte ihr Wahlkampfslogan für 2020 lauten. Der Church geht es hingegen um Selbstlosigkeit. Man muss das Opfer bringen, seinen biologischen Fortpflanzungstrieb zu unterdrücken, damit zukünftige Generationen überhaupt eine Chance haben, weiter auf unserem Planeten leben zu können.

Überlegen Sie manchmal, die USA zu verlassen?

Ich denke oft darüber nach. Einerseits möchte ich nicht weg, ich habe hier meine Wurzeln. Andererseits habe ich Angst, den richtigen Moment zu verpassen. Die Menschen im Dritten Reich glaubten bestimmt auch, dass die Vernunft am Ende siegen würde. Am nächsten Tag wurden ihre Türen eingetreten und man hat sie ins Lager gesteckt. Ich bin wirklich überzeugt, dass so etwas auch hier bald passieren könnte. Die meisten Menschen in den USA sind geisteskrank. Sie glauben daran, dass die Dinosaurier von 3000 Jahren zusammen mit Adam und Eva gelebt haben. Wie soll man mit solchen Leuten diskutieren?

Ich glaube, Sie sind gar keine Misanthropin. Eigentlich lieben Sie die Menschen.

Das stimmt vermutlich sogar. Ich versuche einfach, ein gutes Vorbild zu sein. Ich lebe vegan, ich habe mich nie fortgepflanzt, und irgendwann werde ich mich wahrscheinlich umbringen. Einfach, um es den Leuten zu zeigen.

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