Church of Euthanasia

The One Commandment:
"Thou shalt not procreate"

The Four Pillars:
suicide · abortion
cannibalism · sodomy

Human Population:
SAVE THE PLANET
KILL YOURSELF




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Du sollst dich nicht vermehren

Chris Korda macht Dancemusic und will die Menschheit missionieren

VON HARALD PETERS

Vor sieben Jahren hatte der Jazz-gitarrist Chris Korda bei einer Meditation eine Vision, die sein ausgeprägtes Uniweitbewußtsein sowie seinen Unmut über den Weltenlauf zu einem griffigen Slogan zusammenschnürte: "Save The Planet, KillYourself!" Er nahm sich die Vision zu Herzen, gründete im heimatlichen Boston die Church Of Euthanasia (COE), um fortan die frohe Botschaft von der Rettung der Erde mittels Selbstdezimierung der Menschheit zu verkünden. Bereits vor zwei Jahren wurde im Rahmen seiner Mission in Deutschland die EP "Save The Planet, Kill Yourself" veröffentlicht, jetzt ist das erste Album "Six Billion Humans Can't Be Wrong" auf dem Münchner Label International Deejay Gigolos erschienen.

Auf der Basis von Techno und Electro mischt Chris Korda darauf seine durchaus eigenwillige Variante von Dancemusic. Er benutzt die Sounds der frühen 80er Jahre, über dem Vierviertelbeat ist mitunter ein deutlicher Artrock-Einfluß zu hören, dann dominieren wieder typi- sche Disco-Elemente, wenn Chris Korda versonnen auf seinem. Keyboard klimpert, kann er seihe Jäzz- rock-Vergangenheit kaum verleugnen. Dazwischen sind dann Vokoder-Stimmen gemischt, die die zentralen Botschaften der COE sloganartig predigen.

Die COE ist eine Kirche, die modern und professionell geführt wird. Sie ist registriert und als gememnützig im Sinne von Erwachsenenbildung anerkannt, Anhänger können ihre Spenden von der Steuer absetzen. Die COE arbeitet mit Aufklebern und Paraden, ihre Kapelle ist das Internet, die Predigten sind von einer Homepage (churchofeuthanasia.org) abrufbar. Ihr Oberhaupt Reverend Chris Korda ist eine Person mit Sendungsbewußtsein und ein erklärter Antihumanist. Wo traditionelle Kirchen ihre Anhängerschaft mit allerlei Vorschriften auf den rechten Weg zu bringen gedenken, kennt die COE nur ein einziges Gebot: "Thou Shalt Not Procreate" -- altenglisch für "Du sollst dich nicht vermehren!" Das Ziel ist die weitgehende Abschaffung der Spezies Mensch durch effktive Nicht-Vermehrung. Denn die Menschheit bedroht laut COE die Artenvielfalt. Der Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts auf Erden gilt daher die alleinige Sorge.

Nun darf man sich Chris Kordas Kirche aber nicht als Auffangbecken zivilisationsmüder, misanthroper Naturschützer vorstellen, vielmehr wirkt ihr Kirchenalltag wie das Werk überspannter Aktionskünstler. Chris Korda ist zwar weder ein Transvestit noch ist er transsexuell, doch trägt er grundsätzlich Cocktailkleider und Ohrclips und sieht dabei ein bißchen aus wie Demi Moore. Der Gott der COE, "The Being" genannt, ist eine aufblasbare Figur in Form der Abireibungspille RU 486, auf jeder Prozession wird "The Being" ehrfürchtig umhergetragen. Ziel sind dabei vor allem Samenbanken und Versammlungen von Abtreibungsgegnern, die mit riesigen Schaumstoffpenissen subversiv unterwandert werden. Beim letzten Präsidentschaftswahlkampf hat die COE die Kampagne "Unabomber for President" gestartet, seine Briefe unterzeichnet Korda in Anlehnung an den Antiraucher-Slogan mit einem freundlichem "Thank you for not breeding!" -- danke für Nicht-Fortpflanzung. Obwohl Korda Veganer ist, zählt Kannibalismus neben Sodomie, Selbstmord und Abtreibung zu den vier Säulen der Kirche.

Was an der COE nun Ernst, Kunst oder höherer Unfug ist, bleibt schwer zu entscheiden. Einerseits scheint Korda das Anliegen Umwelt- und Tierschutz tatsächlich wichtig, andererseits ist das bizarre Auftreten der COE eine Reaktion auf radikale Christen, fanatisierte Lebensschützer und bigotte Politiker. Aus europäischer Perspektive kann man sich darüber nur wundern. Die COE scheint wie ein launiger Witz. Doch für einen Witz ist zumindest ihr Album zu gut.

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