Selbstmord aus Angst vor dem Tod
Donnerstag, 28. Januar 2010
Er ist ein Mann, hält sich aber für eine Frau,
er ist Chef einer Kirche, glaubt aber nicht an Gott. Chris Korda, Sohn
des Schriftstellers Michael Korda, war früher mal Musiker, oder
zumindest glaubte er das. Als Konsequenz aus dem beständig
näherrückenden Ende der Welt durch Menschen gemachte Umweltverschmutzung
aber entsagte er dieser zumeist übelklingenden Passion und ging unter
die Glaubensstifter: Als Chef der Church of Euthanasia wirbt der Hardcore-Dadaist für den kollektiven Selbstmord der Menschen.
Die
"Church" ist in den USA als Glaubensgemeinschaft anerkannt, löst im
Rest der Welt jedoch Kopfschütteln aus. Denn Reverend Korda, wie sich
der Religionsstifter mit der Vorliebe für Frauenkleider bescheiden
nennen lässt, predigt nicht etwa Nächstenliebe oder Wiedergeburt.
Sondern die Errettung der Erde vor dem verheerenden Wirken des Menschen
durch freiwilliges Aussterben der gesamten Weltbevölkerung. Korda
behauptet ganz in der Tradition früherer Propheten, im Traum sei ihm
einst eine fremde Intelligenz namens "Das Wesen" erschienen und habe ihm
mitgeteilt, dass das Ökosystem zerstört und er auserwählt sei, die
Menschheit an ihre Verantwortung dafür zu erinnern.
Mit „Save
the planet - kill yourself“ bringt der 46-jährige House-Produzent seine
Lehre auf einen Nenner. Und das schon seit 1992, als noch nicht einmal
Angela Merkel niemand von Erderwärmung und Klimakatastrophe sprach.
„Mensch oder Natur“ laute die Frage, meint er, einer könne nur
überleben. "In Religionen geht es nie um Fakten", sagt er, "sondern um
Glauben und Gefühle." Seine, so Korda, sagten ihm, "dass die Geschichte
der modernen Industriegesellschaft tief im Innersten abscheulich ist".
Diese
Ansicht propagiert die Mini-Gemeinschaft aus angeblich einigen hundert
Gläubigen. „Esst Menschen, nicht Tiere!", "Wahre Männer tragen Röcke"
oder "Sterilisierung von Männern verhütet Abtreibung“ sind drei der zehn
Gebote der Selbstmordkirche. Mahnend rattert auf der Internetseite ein
Weltbevölkerungszähler nach oben – und verlängert den Weg, den Chris
Korda gehen muss bis zum Ziel: Der Mensch tritt freiwillig von der Bühne
der Welt ab, und die Erde kann endlich ungestört wiederaufblühen.
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